17. September 2013

Binaurale Beats mit Audacity selber erstellen

In letzter Zeit hört man immer öfter von so genannten binauralen Beats (binaural = stereophon). Dies sind Frequenzen, die Auswirkungen auf die elektrischen Impulse im Gehirn nehmen können oder sollen.
Die Meinungen gehen hier auseinander.
Die Kritiker meinen, dass Töne keine Auswirkungen auf elektrische Impulse nehmen können, während die Befürworter von den Ergebnissen begeistert sind. Es wird angenommen, dass binaurale Beats bei etwa 80% aller Menschen wirksam sind. Andere Quellen nennen sogar 100%.
Sie können sich aber auch selber ein Bild machen. Zum Beispiel hier in der Wikipedia.
Als Entdecker der binauralen Beats gilt Heinrich Wilhelm Dove der diese im Jahre 1839 entdeckte.
Binaurale Beats werden relativ häufig auch in der "esoterischen Ecke" verwendet. Hier werden den binauralen Beats oft unrealistische Wirkungen zugeschrieben. Zum Beispiel eine Verlängerung des Lebens oder Heilung von Krebs. Solche Behauptungen sind nach meinem Dafürhalten absolut unwahr und tragen dazu bei, binaurale Beats ins Lächerliche zu ziehen.
Dies soll aber nicht das Thema hier sein. Ich möchte mich mit den rein technischen Abläufen binauraler Beats befassen.

Außerdem gibt es immer wieder reißerische Beiträge im Internet und auf Youtube, die meist mit Aufreißern wie "Tödliche Frequenzen" oder ähnlichem beginnen. Glauben Sie dies nicht. Binaurale Beats können definitiv nicht töten.
Ein weiteres Phänomen welches oft in Zusammenhang mit binauralen Beats gebracht wird, ist das so genannte Lavandia-Syndrom.
Bei einem Gameboyspiel sollen binaurale Beats verwendet worden sein, die angeblich Kinder in den Wahnsinn oder Selbstmord getrieben haben. Auch diese Geschichte gehört ins Reich der Mythen, ganz einfach weil die Gameboys der damaligen Zeit noch kein Stereo abspielen konnten. Dies ist jedoch für das Hören von binauralen Beats unabdingbar.
Vielleicht ein genialer Marketing-Trick...?

Für wen sind binaurale Beats nicht geeignet?
Wenn Sie unter Epilepsie oder Herzkrankheiten leiden, sollten Sie diese Töne eher nicht!!! benutzen. Des Weiteren wenn Sie Psychopharmaka einsetzen.
Ebenso ist Vorsicht geboten, wenn Sie schon einmal einen Schlaganfall erlitten haben oder der Arzt Ihnen gegenüber etwas von einer Gefährdung diesbezüglich geäußert hat.
Wenn Sie zu den eben genannten Gruppen gehören, fragen Sie vor der Verwendung Ihren Arzt!!!

Um es genau zu wissen habe ich einen Selbstversuch unternommen.
Nun kann man im Internet zum Beispiel bei Youtube und auf anderen Webseiten binaurale Beats für verschiedene Anwendungsbereiche anhören oder herunterladen. Die meisten sind mehr oder weniger ungeschickt gemacht. Eine Ausnahme stellen bestimmte Seiten im Netz dar. Dort muss man die binauralen Beats aber kaufen. Die Preise liegen zwischen 3 € und 200 €. Ganz schön happig für ein bisschen Musik...

Eines gleich vorweg. Bei mir haben die binauralen Beats sehr gut funktioniert. Sowohl bei der Steigerung meiner Leistungsfähigtkeit/Konzentration als auch beim Runterkommen nach getaner Arbeit. Besonders der letztgenannte Punkt hat mich sehr überrascht.
Ich lag sonst Abends, im Bett, immer noch lange Zeit wach, während mir die Ereignisse des Tages durch den Kopf schwirrten.
Seit ich binaurale Beats verwende und diese 30 Minuten vor dem Zubettgehen höre, schaffe ich kaum noch den Weg ins Schlafzimmer...
Außerdem ist seit der Verwendung der binauralen Beats mein Tinnitus verschwunden, der mich seit Jahren geplagt hat.

Was sind binaurale Beats?
Das Gehirn arbeitet mit Frequenzen im Bereich zwischen 0,1 Hz und 70 Hz. Wobei der Bereich zwischen 30 Hz und 70 Hz kaum erforscht ist und auch auf den meisten EEG nicht sichtbar ist. Der Normalzustand sind Frequenzen zwischen 1 Hz und 30 Hz. Jede dieser Frequenzen ist im Gehirn für einen bestimmten Zustand verantwortlich. Die Bandbreite reicht von tiefem Schlaf bis zu hoher Konzentration und Leistungsfähigkeit. Eine genaue Auflistung finden Sie am Ende dieses Beitrages.

Problematisch ist, dass das menschliche Gehör Frequenzen erst ab einem Bereich von etwa 20 Hz wahrnehmen kann. Mit zunehmenden Alter verschlechtert sich dieser Wert auch noch.
Und auch dieser Frequenzbereich ist nur hörbar wenn man eine riesige Bassbox benutzt und diese auch noch auf volle Lautstärke stellt. Dabei ist man schnell in einem Bereich der das Gehör schädigt.
Hier kommen die binauralen Beats ins Spiel.

Mit einem Trick kann man binaurale Beats hörbar machen. Man nutzt dazu eine akustische Täuschung die im Gehirn entsteht.
Man braucht dazu lediglich gute Stereo-Kopfhörer. Mit normalen Lautsprecherboxen funktioniert es nicht! (Von der Verwendung, der oft mit Mp3-Playern mitgelieferten Ohrstöpsel, ist ebenfalls abzuraten.)
Spielt man auf diesen Kophörern auf dem linken und rechten Kanal zwei leicht unterschiedliche Frequenzen ab, entsteht im Gehirn ein dritter Ton. Der binaurale Beat.

Ein Beispiel.
Auf dem linken Kanal wird eine Frequenz von 200 Hz erzeugt und auf dem rechten eine solche von 230 Hz, dann hört man durch die erwähnte akustische Täuschung einen Ton von 30 Hz.
Das Ganze funktioniert allerdings nur, wenn die Ausgangsfrequenz nicht höher als 1500 Hz ist und wenn der Frequenzunterschied zwischen linkem und rechtem Kanal nicht höher ist als 30 Hz ist. Differieren die Töne weiter auseinander, hört man zwei unterschiedliche Töne.
Es ist außerdem zu empfehlen die binauralen Beats mit Musik zu hinterlegen, da der reine Sinuston von den meisten Menschen als unangenehm empfunden wird.
Wie kann ich mir binaurale Beats selber bauen?
Binaurale Beats selber zu erstellen ist eigentlich ganz einfach. Alles was man dazu braucht findet man kostenlos und legal im Internet.
Als erstes braucht man das Programm Audacity. Dieses kann man hier herunterladen. Es gibt eine Version für Windows, für Linux und auch für den Mac.

Als nächstes braucht man Soundtracks die man mittels Audacity auf die Frequenztöne aufspielt. Dabei sollte man darauf achten, dass die Musik zu den einzelnen Frequenzen passt. Will man zum Beispiel mit den binauralen Beats entspannen, sollte man keinen Hardrock auswählen. Ansonsten ist die Wahl der Musik dem eigenen Geschmack überlassen.
Man braucht auch keine Sorge zu haben, dass die Frequenzen der einzelnen Musikstücke die der binauralen Beats stören, denn die Musik ist nicht binaural.
Hier noch eine Seite auf der man kostenlos Musik herunterladen kann. Wer auf dieser Seite nicht fündig wird kann auch hier nochmal nachsehen. (!!!Wichtig!!! Unbedingt das Copyright der einzelnen Songs beachten!)

Was sind die Voraussetzungen für das Erstellen von binauralen Beats?
Eigentlich nicht viel.
Man braucht lediglich Grundkenntnisse in der Verwendung von Audacity. Doch eigentlich sind auch die nicht zwingend erforderlich, denn das Programm ist ziemlich selbst erklärend. Ich führe die einzelnen Schritte auch weiter unten noch genauer aus.
Ansonsten braucht man gute Laune und etwa eine Stunde Zeit.

Hier nun eine Schritt für Schritt Erklärung wie man vorzugehen hat. Ich führe die einzelnen Punkte etwas ausführlicher aus, damit auch Ungeübte leicht einen Einstieg finden.

1. Audacity herunterladen und das Programm starten.

2. Auf „Datei“ klicken und über „Importieren“ das Musikstück der Wahl hinzufügen.
Da die meisten Musikstücke nur etwa fünf Minuten laufen, schneide ich diese aneinander. Dazu einfach auf das vordere Ende der jeweiligen Spur klicken, diese wird dann grau hinterlegt.
Jetzt auf „Bearbeiten“-->“Kopieren“ klicken. Danach klickt man an das Ende der Musik in der betreffenden Spur und fügt über „Bearbeiten“-->“Einfügen“ (oder „Ctrl/Strg +V) den gerade kopierten Track ein. Man kann aber auch verschiedene Musikstücke aneinander schneiden.
Kleiner Tipp!
Mit den Pfeiltasten auf der Tastatur kann man genau ans Ende gelangen. Das spart viel Fummelei mit der Maus.
Dies macht man so lange bis man die Gewünschte Länge des Stücks erreicht hat. Ich bevorzuge durchschnittliche Längen von 30 Minuten bis einer Stunde.

3. Jetzt über „Datei-->Exportieren“ den entstanden Track auf der Festplatte speichern.

4. Über das kleine x am Anfang der Spur die aktuelle Spur löschen. Wichtig vorher die Gesamtlänge des Tracks auf einen Zettel schreiben!

5. Dann auf „Spuren“ klicken und zwei Mono-Spuren erzeugen. Die eine stellt man auf „Linker Kanal“ die andere auf den rechten. Dies funktioniert wenn man am Anfang der Spur auf das kleine Dreieck klickt.

6. Binaurale Beats beginnen mit einer „Cooldownphase = hohen Frequenzen, die langsam absinken“ oder mit niedrigen Frequenzen die sich langsam steigern. Je nachdem ob man sich von der Hektik des Alltags entspannen möchte oder ob man am Morgen munter werden und seine Konzentrationsfähigkeit steigern möchte.
Ich bevorzuge für diese Phasen einen Zeitraum von jeweils fünf Minuten.

In dem jetzigen Beispiel schildere ich nur den „Cooldown“. 
Wer etwas anderes möchte, muss ausgestattet mit einem Zettel und einem Stift die eigenen Frequenzen ausrechnen. (Ist nicht schwer :-))

Über „Erzeugen-->Tongenerator 2“ erzeugen wir nun eine Sinusschwingung. Als Startfrequenz empfehle ich einen Bereich zwischen 100 HZ und 400 Hz. Wichtig ist nur, dass die Schwingungsfrequenz halbwegs zum Lied passt. Hat das Lied überwiegend hohe Töne, wähle ich 400 Hz und umgekehrt.
In unserem Beispiel nehmen wir 200 Hz.

Wieder zurück zum Tongenerator.
Ich will mein Gehirn von einer Frequenz von 20 Hz „abholen“ und auf 7 Hz herunterbringen. Dies ist die Frequenz die sich am besten zum Entspannen eignet.
In die linke Spalte beim „Tongenerator 2“ trage ich nun also 220 Hz und in die rechte 207 Hz ein.
Die Länge des Tracks beträgt 300 Sekunden=fünf Minuten.
"OK" klicken.
Jetzt kommt die zweite Monospur (die auf rechts gestellt ist) an die Reihe. Wieder ein Klick auf „Erzeugen-->Tongenerator 2“ und links und rechts in die Felder jeweils 200 Hz eintragen. Wieder auf „OK“ klicken.

7. Nun über „Spuren“ zwei weitere Mono-Spuren erzeugen und diese wieder auf links und rechts stellen.
Jetzt die erste (bzw. die dritte) Spur mit einem Klick auf den Anfang aktivieren und mit „Erzeugen-->Tongenerator 1“ einen Ton von 207 Hz erzeugen.
Die Länge entspricht der Länge des von Euch in Schritt 2. erstellten Musikstücks.

8. Jetzt kommt die vierte und letzte Spur an die Reihe.
Wieder über „Erzeugen-->Tongenerator 1“ einen Sinuston von 200 Hz erzeugen. Ebenfalls so lang wie in Schritt 7.

9. Jetzt in dritten Spur die ersten fünf Minuten durch Darüberfahren mit der Maus markieren. Dabei von rechts nach links markieren. So erspart man sich viel Gefummel. Einfach probieren, Sie sehen dann was ich meine.
Nun mit „Erzeugen-->Stille“ die Spur ruhig stellen. Wenn Sie alles richtig gemacht haben, ist dort nun ein dünner Strich zu sehen.

10. Das Gleiche nun mit der vierten Spur.

11. Wenn man binaurale Beats nutzen möchte um nur einen kleinen Timeout vom hektischen Tag zu nehmen, ist es sinnvoll das Gehirn nicht nur „herunter zu fahren“ sondern es am Ende wieder auf einen normalen Level zu bringen.
Sie können diesen Schritt auch auslassen, wenn Sie sich am Abend für das Bett entspannen wollen.

Wir erzeugen wieder zwei Monospuren und stellen diese auf links und rechts. Jetzt markieren wir mit der Maus die letzten fünf Minuten der vorletzten und letzten Spur.
Nun wird in der fünften Spur mit „Erzeugen-->Tongenerator 2“ eine ansteigende Frequenz erzeugt. Tragen Sie bitte ins erste Feld den Wert 207 Hz und in das Zweite 220 Hz ein. „OK“ klicken.
In der letzten Spur wieder mit „Erzeugen-->Tongenerator 2“ zweimal den Wert 200 Hz eingeben. Mit „OK“ bestätigen.
Die Spuren drei und vier werden nun ebenso mit der Maus markiert und die letzten fünf Minuten wieder mit "Erzeugen-->Stille" stumm gestellt.

12. Jetzt über „Datei-->Importieren-->Audio“ den in Schritt 2. gebauten Soundtrack importieren. Es müssen jetzt fünf (bzw. sieben) Spuren vorliegen.

13. Nun geht es ans Abmischen.
Am Anfang der Spuren ist ein Schieberegler über den man die Lautstärke der einzelnen Spuren einstellen kann.
Ich mache es meistens so, dass ich die ersten vier (bzw. sechs) Spuren auf -10 dB stelle und die Musikspur bei 0 dB lasse.

14. Jetzt oben den Wiedergabe-Knopf drücken und dann mit den Lautstärke-Regler der Musikspur eine angenehme Wiedergabe einstellen.
Ich mache es meistens so, dass die binauralen Beats angenehm in der Musik „untergehen“. Sie sollten aber immer gut zu hören sein.

15. Nun über „Datei-->Exportieren“ alle Spuren auf einen Ort auf der Festplatte speichern. Unter Optionen sollte eine Qualität von 192 kbit/s eingestellt werden.

16. Enjoy!!!

Wichtig zu sagen ist noch, dass man beim Hören von binauralen Beats im niedrigen Frequenzbereich unbedingt die Augen geschlossen haben sollte. Denn mit dem Öffnen der Augen geht die Frequenz im Gehirn automatisch in einen höheren Bereich.
Am besten legt man sich bequem irgendwo hin und entspannt.

Hier nun noch eine kleine Liste mit Frequenzbereichen für binaurale Beats und den damit verbundenen Wirkungen.

EEG-Frequenzbänder
  • Delta 0,1 bis <4 Hz - Traumloser Schlaf 
  • Theta 4 bis <8 Hz - Leichter Schlaf, REM-Phase, Träume, Entspannung
  • Alpha 8 bis 13 Hz - Entspannung, Zustand kurz vor und nach dem Schlaf, Erhöhte Erinnerungs- und Lernfähigkeit
  • Beta >13 bis 30 Hz - Hellwach, geistige Aktivität, Konzentration, Gute Aufnahmefähigkeit und Aufmerksamkeit
  • Gamma >30 Hz - Geistige Höchstleistung, Problemlösung, Angst
Von mir erstellte Binaurale Beats zum kostenlosen Download
Hier kann man sich einen binauralen Beat, der von mir erstellt wurde, herunterladen. Der Track hat eine Spieldauer von etwa einer Stunde.
Es ist keine Cooldownphase eingebaut, sondern die Frequenz schwingt gleichmäßig auf 7,83Hz. Zum ruhig werden und entspannen.

Wenn Sie nach einem harten Tag herunterfahren wollen, können Sie sich hier einen weiteren binauralen Beat herunterladen. Das Gehirn wird bei 20Hz abgeholt und auf einen Level von 5Hz gebracht. Ideal zum Entspannen.

Und zum Schluß noch ein Beispiel welches am Anfang die Frequenz von 15Hz auf 7Hz absenkt und dann am Ende wieder auf 15Hz ansteigt. (15Hz-->7Hz-->15Hz).
Sie können den Track hier herunterladen.

Der Download erfolgt von meiner Festplatte im Internet bei Google. Also nicht wundern, wenn sich nach einem Klick auf den Download-Link ein Google-Fenster öffnet...

Andre Hoek

Foto: Wikimedia Commons - Autor: Pertsaboy

3 Kommentare:

  1. Hallo, alles super erklärt, danke. Eine Frage,nun ich arbeite unter Windows in Audacity->Erzeugen gibt es "Klang" als Begriff. Dort kann man nur die Frequenz angeben, ohne linke und rechte Spalte :(.

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  2. Hey,
    finde deinen Blogartikel klasse. Silent Subliminals sind echt top für die Bewusstseinsveränderung, jedoch habe ich bessere Erfahrungen mit binauralen Beats. Ich habe zu binauralen Beats auch einen Artikel geschrieben: Ich würde mich freuen, wenn du mir ein Feedback dalassen könntest :)
    BINAURALE BEATS

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  3. Über Bluetooth und Windows Betriebssystem als Abspielgerät hören sich die Tracks katastrophal an. Weil Windows keinen AAC, aptX(HD) oder LDAC Codec hat, wegen Lizenzgebühren/Copyright/oderwassonstauchGeldkostenwürde, sondern nur SBC. Also nicht wundern wenn es nicht chillt....

    Binaurale Tracks sind also auch ein sehr guter Test für die digitale Musikübertragungskette. Mit Android 8.0 und AAC gehts fast so gut wie mit direkter Kabelverbindung. Den chillenden Effekt kann ich bestätigen. :-)
    Vielen Dank für die Anleitung und die Tracks!

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